Service Oriented Architecture und Wissensmanagement 2

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Dieser Artikel greift den ersten Artikel der Serie auf. Nach der Definition einer SOA wird Geschäftsprozessmanagement, der Begriff des Prozesses/Geschäftsprozesses und Wissensmanagement definiert. In dem dritten Teil des Artikels werden dann die verschiedenen Techniken und Ansätze zusammengeführt. 1. Geschäftsprozessmanagement (GPM) Unter GPM wird generell die Steuerung von unternehmensweiten Geschäftsprozessen verstanden, um u.a. eine Verbesserung der Flexibilität und des Kundenbezuges für die jeweilige Unternehmung zu erreichen. Laut [SCHM06, S. 5] ist das Ziel des Geschäftsprozessmanagements, „die Effektivität und Effizienz des Unternehmens zu erhöhen und damit den Wert des Unternehmens zu steigern“. Voraussetzung für die Operationalisierung von GPM ist eine Definition von Geschäftsprozessen und deren Abgrenzung zum betrieblichen Prozeß. Zwar existieren diverse Prozess- und Geschäftsprozessdefinitionen, allerdings reichen diese zumeist nicht weit genug bzw. decken nur bestimmte Komponenten des GPM ab. Daher erscheint eine eigene Definition angezeigt zu sein.

1. 1. Prozessdefinition

Ein Prozess ist eine Abfolge von Aktivitäten innerhalb der Unternehmung, die über mindestens ein Anfangs- und Endereignis verfügt, bereichsübergreifend ablaufen kann und aus einem Input einen Output generiert. Der Prozess besitzt einen Prozessverantwortlichen. Sowohl interne als auch externe Anfangsereignisse können den Prozess auslösen. Zu den internen zählt bspw. die Beendigung eines vorgelagerten Prozesses, zu den externen das Versenden einer Information an einen Kunden. Die Aktivitäten innerhalb des Prozesses transformieren den Input zu einem Output. Sie können geordnet (strukturierter Prozess) oder ungeordnet (unstrukturierter Prozess) ablaufen sowie weitere Prozesse initiieren. Der Input kann entweder extern bezogen oder intern erstellt werden, materiell oder immateriell sein. Der Output kann ebenfalls materiell oder immateriell sein und wird als Prozessleistung bezeichnet. Ist die Prozessleistung erfüllt, tritt das Endereignis ein. Das Endereignis kann nachgelagerte Prozesse auslösen, die den Output als jeweiligen Input weiterverwenden oder auch direkt vom Kunden konsumiert werden. Eine spezielle Form eines Prozesses ist der Geschäftsprozess, der besondere Charakteristika aufweist. Diese sind:
  • Die Geschäftsprozessleistung ist das Ergebnis der Ausführung einer Kernkompetenz der Unternehmung und somit von entscheidender Bedeutung für die betriebliche Wertschöpfung.
  • Die Erstellung der Geschäftsprozessleistung ist komplex, sei es in technologischer, finanzieller oder fachlicher Art.
  • Die Geschäftsprozessleistung ist nicht ohne weiteres von einem anderen Prozess der Unternehmung substituierbar.
Der Geschäftsprozess kann von Prozessen unterstützt werden. Sowohl für Prozesse als auch für Geschäftsprozesse können Leistungsziele definiert und Controllingkennzahlen entwickelt werden. Für eine Unternehmung existiert eine Vielzahl von Prozessen, aber nur eine geringe Anzahl an Geschäftsprozessen. An diesen sollte sich die Unternehmung wegen ihrer Relevanz für die Wertschöpfung ausrichten und orientieren. Im Folgenden wird besonders auf Geschäftsprozesse eingegangen. Die klassische Methode (Ist-Prozess, Soll-Prozess, Umsetzung) sowie die darum entbrannte Diskussion und konzeptionelle Gegenentwürfe werden hier nicht weiter vertieft. Gemein sind aber den verschiedenen Operationalisierungsansätzen, daß sie früher oder später Informationen sowohl über den Aufbau des Geschäftsprozesses als auch über den Ablauf generieren und für die weitere Steuerung des Geschäftsprozesses nutzen. Allerdings vernachlässigen diverse Ansätze die Operationalisierung der Gewinnung von Ablaufinformationen bzw. deren Pflege. Hier setzt das Wissensmanagement an.

2. Wissensmanagement

Der Term Wissensmanagement wird heterogen verwendet. Um eine sinnvolle unternehmensweite einheitliche Definition erreichen zu können, empfiehlt sich zuerst die Abgrenzung des Begriffs Wissen. Dafür wird der Definitionskaskade von NORTH gefolgt, der zwischen Daten, Informationen und Wissen unterscheidet [NORTH02, S. 38]. Daneben ist die Eintei-ung in explizites/implizites Wissen, wie sie NONAKA und TAKEUCHI [NONA97, S. 72] vorschlagen, zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist es notwendig, zwischen geschäftsprozessrelevanten und -irrelevanten Wissen zu differenzieren. Ersteres zerfällt dann noch in die Teile aufbauorganisatorisches Wissen und ablauforganisatorisches Wissen.

2.1. Wissendefinition

Somit ergibt sich folgende Definition von Wissen: Wissen entsteht in einem Unternehmen durch die Verknüpfung von Informationen mit den Erfahrungsschätzen der Mitarbeiter und ist sowohl kontext- als auch personenbezogen. Aus der Verknüpfung von Kontext- und Personenbezug ergibt sich ein Anwendungsbezug des Wissens.  Die Ressource Wissen teilt sich in verschiedene Untergruppen. Diese sind implizites/explizites Wissen ohne konkreten Bezug zu einem Geschäftsprozess und geschäftprozessrelevantes Wissen, das wiederum implizit oder explizit vorliegen kann. Das geschäftsprozessrelevante Wissen zerfällt noch in Wissen über den logischen Geschäftsprozessablauf und Wissen für die Ausführung der Aktivitäten des Geschäftsprozesses. Es ist selten und kaum substituierbar. Das gesamte (implizite) geschäftsprozessrelevante Wissen muß innerhalb der Unternehmung externalisiert, geteilt, genutzt und aktuell gehalten werden. Implizites Wissen ist nicht-kodifiziertes Wissen, das der Mitarbeiter in sich trägt. Er kann dieses nicht ohne Weiteres artikulieren, trotzdem es ihn bei der Ausführung eines Geschäftsprozesses unterstützen kann. Im Extremfall ist sich der Mitarbeiter seiner impliziten Wissensbestände nicht einmal bewußt. Explizites Wissen ist hingegen kodifiziert, für die jeweiligen Bedarfsträger zugänglich und somit leichter nutzbar. Die diversen Ansätze von Wissensmanagement werden hier nicht vertieft betrachtet. Vielmehr sei auf die einschlägige Literatur, wie bspw. [PROB03], [DAVE98] oder auch [KRCM05] verwiesen. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle vielmehr, daß aus den verschiedenen Ansät-zen allgemeine Anforderungen an einen Wissensmanagementansatz extrahiert werden können.

2.2. Anforderungen an einen Wissensmanagementansatz

Ein Wissensmanagementansatz muß
  • Werkzeuge zur Identifikation von wissensintensiven Geschäftsprozessen und relevanten Wissens bereithalten,
  • permanent neues Wissen (gleich welcher Art dieses Wissen ist) auf der Basis der geschäftsprozess- und unternehmensstrategischen Orientierung extrahieren,
  • das extrahierte Wissen für die Unternehmung nutzbar zur Verfügung stellen und verwalten,
  • Controllingmöglichkeiten für disziplinarische Vorgesetzte hinsichtlich der Aktualisierung von Wissensbeständen bereithalten,
  • unternehmenskulturelle und organisatorische Maßnahmen zur Verbesserung des Wissensmanagements begünstigen und auf einem Wissensleitbild sowie einer Kultur der Wissensteilung und -nutzung innerhalb der Unternehmung aufsetzen,
  • so intuitiv nutzbar sein, daß Mitarbeiter nicht vor der Nutzung des Wissensmanagementsystems zurückschrecken,
  • Datenschutzrechtlinien berücksichtigen und so strukturiert und gesichert sein, daß kein Wissen in unbefugte Hände gelangen kann und
  • Schnittstellen für den Bereich des organisationalen Lernens bereithalten, um die unternehmerische Wissensbasis breit zu nutzen.
Um implizites Wissen zu externalisieren und einem großen Adressatenkreis verfügbar zu machen, sind die verschiedensten Werkzeuge entwickelt worden. Beispielhaft erwähnt seien hier das Story-Telling (vgl. dazu [STIEL04]), Beobachtung in Verbindung mit Interviews (vgl. dazu [KRCM05]) sowie die Analogiebildung [vgl. dazu [VOHL04]). Ziel der Externalisierung ist auch die Speicherung des vorhandenen Wissens und somit die Vergrößerung der digitalen unternehmerischen Wissensbasis.

3.Speicherung von Wissen

Die extrahierten Wissensbestände können unterschiedlich, je nach Granularität, Automatisierung in der Unternehmung sowie (Geschäfts)prozessart abgespeichert werden. Neben zentralen passiven Speicherungsformen wie ein Data-Warehouse können Wissensbestände zur Geschäftsprozessunterstütztung bei strukturierten Geschäftsprozessen in bspw. sog. Workflowengines hinterlegt werden [MÜHL05, S. 385]. Diese steuern den Geschäftsprozess-ablauf. Das darin abgelegte Wissen tritt in der Form von Geschäftsregeln auf. Besonders das ablauforientierte Wissen erscheint in diesem speziellen Kontext von großem Interesse, kann es doch zur wichtigen Information über bzw. für einen Service werden, wenn es im Repository abgelegt wird.

Literaturverzeichnis

  • [DAVE98] Davenport, T.; Prusak, L.: Working Knowledge. How organisations manage what they know. 1. Aufl., Harvard Business School Press Boston, Boston 1998.
  • [KRCM05] Krcmar, H.: Informationsmanagement. 4. Aufl., Springer, Berlin 2005.
  • [MÜHL05] zur Mühlen, M.; Hansmann, H.: Workflowmanagement. In: Becker, J.; Kugeler, M. et al. (Hrsg.): Prozessmanagement – ein Leitfaden zur prozessorientierten Organisationsgestaltung. 5. Aufl., Springer, Berlin, Heidelberg, New York 2005.
  • [NONA97, S. 72] Nonaka, I.; Takeuchi, H.: Die Organisation des Wissens – wie japanische Unternehmen diese Ressource nutzen. 1. Aufl., Campus Verlag, Frankfurt am Main 1997.
  • [NORTH02] North, K.: Wissensorientierte Unternehmensführung. Wertschöpfung durch Wissen. 3. Aufl., Gabler, Wiesbaden 2002.
  • [PROB03] Probst, G.; Raub, S. et al.: Wissen managen. Wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen. 4. Aufl., Gabler, Wiesbaden, 2003.
  • [SCHM06, S. 5] Schmelzer, H.-J.; Sesselmann, Wolfgang: Geschäftsprozess-management in der Praxis. Produktivität steigern, Wert erhöhen, Kunden zufrieden stellen. 5. Auflage, Carl Hanser Verlag, München 2006.
  • [STIEL04] Stieler-Lorenz, B.; Paarmann, Y. et al.: Kommunizierendes Lernen für den Wissensfluss – eine Methode zur Wissensgenerierung und zum Wissenstransfer. In: Schauffer, H.-G.; Stieler-Lorenz, B. et al. (Hrsg.): Wissen vernetzen. Wissensmanagement in der Produktentwicklung. 1. Aufl., Springer, Berlin 2004, S. 46-71.
  • [VOHL04] Vohle, F.: Analogietraining. In: Reinmann, G.; Mandl, H. (Hrsg.): Psychologie des Wissensmanagements. 1. Aufl., Hogrefe, Göttingen 2004, S. 341-351.