Die Berechnung des Return on Investment – Ist Controlling der Feind des Knowledge Managements?

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In der modernen Informationsgesellschaft ist der Erhalt und die Pflege des Wissens ein unabdingbares Gut geworden. Heutzutage wird vom Return on Investment (ROI) durch Knowledge Management (KM) gesprochen. Dies gilt vor allen Dingen für sämtliche prozessorientiert geführten Unternehmen, die u. a. durch ihre KM Strategien, deren Implementierung und operative Umsetzung einen Wettbewerbsvorteil erzielen wollen. Die Frage, die immer wieder gestellt wird, ist, wie man den ROI berechnen kann ohne sich auf die vage Argumentation der Soft Factors zu fixieren.

Um Argumentationsgrundlagen zu schaffen, wird zur einheitlichen Verständigung zunächst der Umgang mit dem Wissen auf Unternehmensebene definiert:

Knowledge Management oder Wissensmanagement ist die Verwaltung und Nutzung der Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen oder Gruppen einsetzen, um Aufgaben zu bewältigen. Auf ein Unternehmen übertragen heisst dieses: KM ist der Prozess, in dem zuerst eine Wissenskultur bezüglich des existierenden und dann des zu entwickelnden kollektiven sowie individuellen Wissens erarbeitet wird.

Die Wissenskultur im Unternehmen

Eine Wissenskultur im Unternehmen setzt sich in erster Linie aus der Wahrnehmung und Wertschätzung des Wissens, dem Einsatz pragmatischer Methoden und der Honorierung der Wissensarbeiter zusammen. Des Weiteren muss es unternehmensspezifische und handlungsorientierte technologische Analysewerkzeuge geben, die es Managern ermöglichen, Wissen messbar, einsetzbar und ausbaubar zu machen. Die Wissenskultur um das KM darf aber nicht einfach als Data Management oder Information Management verstanden werden. Technologien unterstützen vielmehr nur den Prozess der Wissensaufnahme, -verwaltung, -weitergabe und erneuten -konsolidierung. In einem prozessorientierten Unternehmen muss vielmehr eine Infrastruktur entwickelt werden, die das Wissen der einzelnen Wissensarbeiter instrumentalisiert und mit deren Einsatz die Berechnung des ROI erst möglich wird.

Partizipation des individuellen Wissensträgers

Voraussetzung für ein funktionierendes KM ist vor allen Dingen die Bereitschaft der Wissensarbeiter, aktiv an der Wissensbasis des Unternehmens aufgrund erhöhter Handlungs- und Problemlösungskompetenzen mitzuarbeiten. Dies beinhaltet zudem die individuelle und kollektive Wahrnehmung permanenten organisationellen Lernens und die Lenkung der sich ständig verändernden Wissensbasis. Durch die sich schnell ändernden Technologien, Neuentwick-lungen und Prozessabläufe innerhalb der Unternehmen ist das Wissen grundsätzlich einer Halbwertzeit ausgesetzt. Somit sollte die Wissensbasis eines Unternehmens einer ständigen Intervention durch das Management ausgesetzt sein, um einen aktuellen Wissens-stand im Unternehmen und den damit verbundenen Wettbewerbsvorteil zu garantieren. Daher muss der Kernprozess „Weiterbildung“ auf einem fundierten Konzept basieren. Entsprechend muss der methodisch-didaktische Bildungsansatz die Wissens-kultur des Unternehmens reflektieren. Diese Grundhaltung sollte in der Unternehmenskultur manifestiert sein, um nachhaltige Akzeptanz bei den Wissensträgern zu finden.

Die Berechnung des ROI

Wenn die Wissenskultur im Unternehmen implementiert ist, können messbare Grössen definiert werden. Die Soft Factors bleiben bei der Eruierung der Mitarbeiter-performance wichtig. Es sollten aber messbare Grössen vorhanden sein, um Entscheidungsgrundlagen für das Management zu schaffen. Bei der Ermittlung des ROI kann das Management zwischen exogenen und indogenen Werten unterscheiden.

ROI – Exogener Wert

Wenn von einer prozess-orientierten Struktur des Unternehmens ausgegangen wird, kann der Kunde als Ziel des Gesamtprozesses definiert werden. Massgebend sind somit Kundenzufriedenheit, die damit einhergehende Kundenbindung sowie die Akquisition von Neukunden und die daraus resultierende Umsatz-entwicklung. Auswertungen bestehen bereits im operativen Controlling. Der Kundenstamm kann analysiert werden, z.B. mittels ABC Analyse mit besonderem Augenmerk auf die langfristige Kundenbindung.

ROI – Indogener Wert

Der exogene Wert muss durch indogene Werte gestützt sein. Mit der Prämisse, dass nur durch den Aufbau einer Wissensinfrastruktur der Umsatz gesteigert werden kann, sollen die Kosten der indogenen Werte mit diesem zusätzlichen Nutzen verglichen werden. Bei der Ermittlung der indogenen Werte kann folgende Formel eingesetzt werden:

K = (I + P)S

„K“ als Knowledge setzt sich nicht nur aus der Summe der isolierten Informationen („I“) und dem Personal („P“) zusammen, die die Informationen haben. Vielmehr geht es darum, wie die Informationen gestreut werden („S“, sharing knowledge).  Daraus resultiert explizites und somit messbares und wertsteigerndes Wissen, die Position „intellectual property“.

Diese Position kann mit folgenden Kostenpositionen quantifiziert werden:

  • IT-Infrastruktur
  • Räumlichkeiten
  • Weiterbildung
  • Zeitbedarf für die Weiterbildung während der Arbeitszeit

Die messbaren Faktoren, die den Return betreffen, müssen ebenfalls definiert sein. Diese Faktoren wirken sich wiederum bestärkend auf die langfristige Kundenbindung aus.

  • Aufgrund der Motivation des Personals werden Kranktage reduziert
  • Durch offene Kommunikation wird die Effizienz gesteigert
  • Erhöhte Produktivität der Arbeitsstunden durch klare Fokussierung der Wissensarbeiter dank Zielformulierungen
  • Geringere Kosten für „trouble shooting“
  • Optimierung der Personalverwaltung

Schwächen

Eine Schwäche der bisherigen Modelle besteht jedoch genau darin, dass diese Faktoren nicht gemessen und somit in der Betriebsrechnung sauber zugeordnet werden können. Zurück auf die prozessorientierte Struktur greifend, kann der Fokus, wie erwähnt, auf den Kunden gelegt werden. Die Verbesserung des Umsatzes abzüglich der laufenden variablen Kosten sowie die Abschreibungen sind der Investitionssumme gegenüberzustellen. Letztlich kann der ROI als

R = zusätzlicher Deckungsbeitrag abzüglich durchschnittlich eingesetztes Kapital errechnet werden.

Fazit

Seit Jahrzehnten sind Begriffe wie Kosten- und Investitionsrechnung keine Fremdwörter mehr. Jeder industrielle Produktionsprozess wird einer genauen Kalkulation unterzogen. Genau so findet in der Dienstleistungserstellung ein Produktionsprozess statt. Umso mehr erstaunt es, dass die Kosten- und Erlösdifferenzen des wegen des KM verbesserten Dienstleistungsprozesses nicht schlüssig quantifiziert werden. Im Endeffekt obliegt es dem Management, mit einem Controlling das KM betriebswirtschaftlich zu quantifizieren und damit rechtfertigen zu können.