Brauchen wir mehr multikompetente Beraterteams für das Wissensmanagement?

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Berater sein ist nicht leicht, und mittelständische Unternehmen zu beraten ist noch etwas schwieriger. Die Anforderungen stehen auf der einen Seite: schnell, konkret und es darf nicht viel kosten, aber es muss rasche und zählbare Ergebnisse bringen. Eigene Ansprüche und Qualität stehen auf der anderen Seite: Man will kompetent und nachhaltig beraten und langfristige Perspektiven schaffen. Und im Wissensmanagement kulminiert dann alles: die Perspektive ist umfassend und ganzheitlich. Wie schafft man die notwendigen Kompetenzen? 1. Ausbildung und Kompetenzbedarf von Wissensmanagementberatern Wissensmanagement ist ganzheitlich. Diesen Satz hört man immer wieder, gerade auch von Beraterseite. Und tatsächlich entspricht dies auch dem gängigen Verständnis von entsprechenden Organisationen und Verbänden, die sich hauptsächlich mit Wissensmanagement befassen. Aber welcher Unternehmensberater (denken Sie sich bitte immer die weibliche Form hinzu!) lebt schon alleine von der Wissensmanagementberatung? Sehr wenige denke ich, und wenn dann sind es meistens Folgeberatungen für die Implementierung von Software, welche unter dem Label „Wissensmanagement-Lösung“ läuft. Natürlich wissen wir alle, dass das dann keine ganzheitliche und ausgewogener Beratung sein kann. Und wenn es den ganzheitlich qualifizierten Wissensmanagement-Berater gibt oder gäbe, welches Ausbildungsprofil bzw. Kompetenzprofil sollte dieser haben? Es gibt zwar einige Studien- und Ausbildungsprogramme zum Wissensmanagement, aber kein etabliertes Ausbildungsprofil. Wie sollte es auch sein. Mir ist keine ernsthafte Untersuchung bekannt, die einmal den typischerweise benötigten Qualifikationsumfang für die Wissensmanagementberatung quantitativ (in Unterrichteinheiten oder so) abschätzt. Wenn Sie eine kennen, bitte informieren Sie mich umgehend (hajofischer@gmx.de; vielen Dank!). Man hat also den Anspruch, ganzheitlich zu beraten – aber wer soll das leisten? Es werden ja fast alle fachbezogenen Qualifikationen von personalwirtschaftlichen, organisatorischen, softwaretechnischen bis hin zu strategischen Kompetenzen benötigt. Und da es bei der Implementierung von Wissensmanagement vor allen Dingen um Akzeptanz der Betroffenen, Überzeugung und Vermittlung geht, müssen neben fachlichen Qualifikationen eben auch die weichen Komponenten (Psychologie, Kommunikationsfähigkeit) und nutzerorientierte praktische Aspekte (z. B. Informationsergonomie) berücksichtigt werden. In der Praxis löst sich das Problem sowieso auf andere Weise. Wissensmanagementprojekte sind in den seltensten Fällen von vornherein ganzheitlich angelegt. Meistens konzentrieren Sie sich auf ein Teilproblem, das einige Schwerpunktfragen aufwirft, die durch jeweils spezialisierte Berater gelöst werden (z. B. Organisationsentwicklung, Softwareentwicklung oder Ähnliches). Es fehlt dann natürlich an einer sachverständigen Vogelperspektive, die auch Folgeprobleme (Migration der Lösungen bei zunehmender Nutzung usw.), Implementierungsprobleme, Motivationsprobleme etc. von vornherein berücksichtigt. Vielleicht ist auch dies ein Grund dafür, dass so viel Wissensmanagementprojekte unbefriedigend sind oder scheitern? Mein Vorschlag wäre, Wissensmanagementlösungen in Rahmen von Beraternetzwerken anzubieten, wobei jederzeit auf die fehlenden komplementären Kompetenzprofile andere Berater zurückgegriffen werden kann. Ob dies dann tatsächlich auch geschieht, ist eine andere Frage und lässt sich auf Dauer nur durch strenge Qualitätsverpflichtungen der Berater selber erreichen. Ein solches Netzwerk sollte dann natürlich auch eine breite Informationsbasis besitzen, so wie es gerade im Rahmen des Metora Projektes (http://metora.de) angedacht wird.

2.  Zur Sinnhaftigjkeit einer ganzheitlichen Vorgehensweise

Der Nutzen für das Unternehmen insgesamt entsteht in der Regel nicht aus einer einzelnen Softwarelösung, sondern aus einer Vielzahl menschlicher, organisatorischer und technische Komponenten, die ineinander greifen müssen (kompatibel sein müssen), um die Erreichung konkreter Unternehmensziele zu ermöglichen. Die wichtigsten Komponenten für ein erfolgreiches Wissensmanagement sind die wissensorientierte Prozessgestaltung und die Mitarbeiteraktivierung. Diese stellen meines Erachtens die zentralen Erfolgsfaktoren dar. Mit anderen Worten, die erfolgsrelevante (und meist auch kostenträchtige) Arbeit fängt dort an, wo die Softwarelösung aufhört. Software ist nur ein Hilfsmittel um Wissen schnell erfassen, speichern und verteilen zu können. Gute Software kann Erfolg nicht garantieren, aber schlechte Software kann Erfolg verhindern. Wenn die implementierte Softwarelösung allerdings die Nutzeranforderungen optimal erfüllt, trägt dies natürlich für sich genommen schon in erheblichem Maße zur Mitarbeiteraktivierung bei. Mitentscheidend ist, wie gut sich die Software in die Geschäftsprozesse integrieren lässt. Dies dürfte für jede spezielle Softwarelösung von Unternehmen zu Unternehmen ganz unterschiedlich sein. Und um die richtige Auswahl treffen zu können, muss man nicht nur die Technik und die Organisation sondern auch die Menschen in diesem Unternehmen kennen(lernen).

3.  Was kann ein Beraternetzwerk leisten?

Wenn man den Gedanken weiterverfolgt, dass ganzheitliche Lösungen umfassende Qualifikationsanforderungen bedingen, dann kann der Weg wohl nur über ein Beraternetzwerk führen. Die Anforderungen an ein Beraternetzwerk wären wie folgt zu formulieren:
  • Vertrauen der Berater und persönliche Kenntnis untereinander
  • komplementäre Kompetenzprofile
  • klar vorgegebene Kooperationsregeln
  • ein koordinierender Ansprechpartner für den Kunden
  • (Mindest-)Qualitätsstandards.
Aus meiner Sicht bestehen die Hauptaufgaben eines solchen Netzwerkes darin:
  • die klassischen Vorurteile des Mittelstandes vom Unternehmensberater als Vertriebsagenten für bestimmte Produktanbieter oder als Schaumschläger auszuräumen,
  • die wirkliche Problemlage bzw. den eigentlichen Beratungsbedarf (keine „Software-Schnellschüsse“) den KMU deutlich zu machen,
  • dabei nicht immer nur Probleme und langwierige Prozesse in den Vordergrund zu stellen (obwohl das die Realität am ehesten treffen würde), sondern realistische und konkrete Vorteile (eine Frage des Marketingkonzeptes),
  • Spezialisierungsvorteile aus komplementären Kompetenzprofilen des Beraternetzwerkes selber für den Kunden nutzbar und sichtbar zu machen,
  • Standardlösungen (Leistungen, Services, Produkte) anzubieten bzw. selber zu nutzen, um eine möglichst kostengünstige Beratungsleistung anbieten zu können.

Gerade die Frage der interdisziplinären Beratung bzw. des Zusammenwirkens von Spezialisten mit unterschiedlichen Kompetenzprofilen in Beratungsprojekten für KMU ist für mich noch nicht endgültig beantwortet: Macht dies Sinn angesichts des zu erwartenden relativ geringen Projektvolumens, und können sich mehrere Berater in einem KMU als spezialisierte Ansprechpartner für einzelne Teilaspekte des Problems wirklich gegenüber der Geschäftsleitung (als zentralem Ansprechpartner) durchsetzen?

Das Fazit ist schnell gezogen:

  • Ganzheitliches Wissensmanagement ist sinnvoll und notwendig, um auf lange Sicht Wissensmanagementprojekte erfolgreich in den Unternehmen zu verankern.
  • Für ganzheitliches Wissensmanagement braucht es eine Vielzahl unterschiedlicher Kompetenzen, die ein Berater allein kaum aufweisen kann.
  • Ein sinnvolles Konzept für eine entsprechende anforderungsgerechte und qualitativ hochwertiger Beratung ist der Aufbau von Wissensmanagement-Beraternetzwerken.
  • Die Tragfähigkeit und Akzeptanz solcher Beratungsangebote beim Kunden ist noch offen.